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Buchcover Superhelden. 100 Seiten

Dietmar Dath Superhelden. 100 Seiten

Dietmar Dath
Superhelden. 100 Seiten

Mit Förderung von Litrix.de auf Arabisch erschienen.

Die Evolution der Superhelden

Ganze 100 Taschenbuchseiten, um das Phänomen der Superhelden-Comics darzustellen? Müsste doch ausreichen. Doch weit gefehlt! Das seit den späten dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts beliebte Subgenre innerhalb der Comic-Kunstform hat von seinen eher naiven Anfängen bis zu heutigen aufwendigen Comics und bombastischen Verfilmungen so viele Wandlungen durchlebt, dass es fast unmöglich scheint, alles auf einen Nenner zu bringen.

Dietmar Dath hat es dennoch gewagt, das Thema in dem vom Reclam Verlag vorgegebenen Format 100 Seiten zu erörtern, in essayistischer Form. Der 1970 geborene Autor hat eine Affinität zu Science Fiction, was sich schwerpunktmäßig in journalistischen Texten als Filmredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung niederschlägt, aber auch in literarischen Werken, wie seinem Roman Die Abschaffung der Arten von 2008. Entsprechend ist Dietmar Dath auch den Superheldencomics seit seiner Kindheit verbunden. Laut Dath hält die Faszination dieser Geschichten auf Kinder und Jugendliche bis heute weitgehend an, da diese sich gerne mit Helden identifizieren, die über sich hinauswachsen. So bezieht Dath seine eigene frühe Leseerfahrung in die Untersuchung mit ein, macht aber auch deutlich, dass in den nur scheinbar ‚unglaubwürdigen‘ Comics vieles drinsteckt, das auch erwachsene Leser fesseln kann.

Dietmar Dath kommt auf die ersten beiden Helden und bis heute wichtigsten Vertreter ihrer Art, Superman und Batman, und die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Prototypen zu sprechen: der eine ist ein außerirdischer Halbgott, dem übernatürliche Kräfte angeboren sind, der andere ein Mensch, der sich diese selbst antrainiert hat.

Ihre Ursprünge reichen weit vor 1938, dem Erscheinungsjahr des ersten Superman-Heftes, zurück. Dath zitiert verschiedene Autoren der Literatur- und Philosophiegeschichte, die das Phänomen bereits gedanklich vorwegnahmen, und sieht eine wichtige literaturhistorische Quelle in der Epoche der Romantik. Außerdem weist er auf fantastische und mythische Elemente in verschiedenen Superhelden-Serien hin. Für das Genre wesentliche Begriffe wie ‚Golden/Silver Age‘ oder ‚Origin Stories‘ werden verständlich erklärt, sowie die Unterschiede zwischen den beiden führenden Comicverlagen DC und Marvel. Auch stellt Dath einige der wichtigsten Superhelden-Charaktere vor, die heute durch Verfilmungen einen neuen Popularitätsschub erfahren. Exemplarisch steigt er in einige Werke tiefer ein, die er als wichtige Meilensteine für das Genre versteht, etwa The Dark Knight von Frank Miller, Uncanny X-Men von Chris Claremont oder Swamp Thing und Watchmen nach Szenarien von Alan Moore. Diesen Autoren weist Dath eine tragende Rolle zu, da es ihnen gelungen ist, veraltete Superhelden-Konzepte der neuen Zeit anzupassen. Vor allem in den 1980er Jahren wurden auf intelligente Weise aktuelle gesellschaftliche Prozesse aufgegriffen und widergespiegelt. Das schon totgesagte Superhelden-Genre wurde wiederbelebt, indem es sich selbstreflexiv in Frage stellte, Gesellschaftskritik übte und politisch wurde.

Dietmar Dath gelingt in seinem Essay eine fundierte Analyse des popkulturellen Phänomens ‚Superhelden‘ und seiner Entwicklung, die Leser dazu anregt, einige vorgestellte Werke selbst zu entdecken oder wieder zu lesen.
Buchcover Superhelden. 100 Seiten

Von Ralph Trommer

Ralph Trommer, Dipl. Animator, freier Autor und Künstler, schreibt für verschiedene Medien regelmäßig Rezensionen und Fachartikel über Comics, Graphic Novels und Filme.