LITERATURAUSTAUSCH
Kulturelle Brückenbauer

Mit über 20 Lyrikern, Prosaautoren, Dramatikern, Übersetzern, Wort-Performance-Künstlern, Essayisten und Verlegern aus Griechenland, Zypern, Deutschland, Österreich und der Schweiz fand vom 17. bis 21. Oktober 2018 in der Berliner Lettrétage das griechisch-deutsche Literatursymposium „SYN_ENERGY BERLIN_ATHENS“ statt.
Lange Lesenacht
Eröffnet wurde das Symposium mit einer „Langen Lesenacht“, bei der die Symposiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer auf zwei Bühnen des Heimathafens Neukölln Beispiele ihrer ganz unterschiedlichen künstlerischen Arbeit präsentierten. Moderiert wurde dieser Lese- und Performancemarathon u.a. von dem Büchner-Preisträger Jan Wagner.

Das Panel „Mythen als performativer Akt“, mit (v.l.n.r.) Dagny Gioulami, Phobe Giannisi, Dirk Uwe Hansen, Jochen Schmidt . | © Kanella (Nelly) Tragousti
Was sich dort an verschiedenen dichterischen Ideen und Präsentationsformen dem zahlreich erschienenen Publikum darbot, wurde auf den Podiumsgesprächen an den folgenden Tagen theoretisch unterfüttert: Auf den insgesamt sechs Panels stellten jeweils vier Symposiumsgäste zunächst mit einem kleinen Vortrag ihre literarischen Konzepte vor, bevor darüber auf dem Podium und auch zusammen mit dem Publikum diskutiert wurde. Dabei ging es um eine erstaunliche Bandbreite an Themen, die Panels waren überschrieben mit „Mythen als performativer Akt“, „Rhythmus, Wort, Musik“, „Poetrypolitics“, „Race-Gender-Class“, „Brückenbauer*innen“ und „Schreibpraxen und Präsentationsformen“.
Vielfalt an Künstlern …
Die Schar der Künstlerinnen und Künstler war genauso kunterbunt wie die künstlerischen Ansätze und Darbietungen und reichte von den griechischen Lyrikerinnen Phoebe Gianni, Maria Topali und Katerina Iliopoulou über den Verleger des renommierten griechischen Online-Literaturmagazins „O Anagnostis“, Yiannis Baskozos, und die zypriotische Lyrikperformerin Lily Michaelides bis hin zu dem deutsch-griechischen Theatermacher und Schriftsteller Gerasimos Bekas sowie den beiden Spoken-Word-Performern Dominique Macri und Dalibor Markovic, die als „Team Scheller“ 2014 die „Internationalen Deutscher Poetry-Slam Meisterschaften“ gewannen – um nur einige zu nennen!
… und poetischen Konzepten
Dabei gelang es dem Symposium insgesamt, tiefe Einblicke in die Vielfalt an gegenwärtigen künstlerisch-dichterischen Ausdrucks- und Präsentationsformen sowohl im griechisch- als auch deutschsprachigen Raum zu geben und neue, zumeist auch die digitale Welt integrierende Konzepte versteh- und erlebbar zu machen. Diskutiert wurden neben immanent ästhetischen Fragen – z. B. ob bei den digital gestützten Performances wirklich eine neue ästhetische Formensprache entsteht oder ob es ich bei vielen nicht doch eher um eine Form von (digitaler) Ornamentik handelt – stets auch Fragen der gesellschaftlichen Relevanz solch avantgardistischer Konzeptionen.

Phoebe Giannisi | © Kanella (Nelly) Tragousti
Gespannt wird man darauf sein, ob das, was hier begonnen wurde, nämlich Wortkünstlerinnen und -künstler aus den beiden Sprach- und Kulturkreisen in einen Dialog zu bringen, auch fortgeführt wird. Potenzial für weitere Veranstaltungen dieser Art ist jedenfalls mehr als genug vorhanden!
Autor
Thomas Plaul arbeitet als Literaturkritiker und -dozent sowie Radiomoderator und lebt in Frankfurt am Main und Athen.