Schnelleinstieg: Zum Inhalt springenZur Hauptnavigation springenZur Sprachnavigation springen

Buchcover Armstrong. Die abenteuerliche Reise einer Maus zum Mond

Torben Kuhlmann Armstrong. Die abenteuerliche Reise einer Maus zum Mond

Streng geheim!

Torben Kuhlmann lüftet in „Armstrong“ ein schier unglaubliches Geheimnis: Eine Maus war der erste Besucher auf dem Mond

Eine Maus als Astronaut in einem klitzekleinen, selbstgebastelten Raumschiff auf dem Weg zum Mond? Das kann doch nur eine Bildergeschichte für kleine Kinder sein! Schließlich glauben wir etwas Größeren schon lange nicht mehr daran, dass der Mond aus Käse besteht.

Aber nein, der junge Illustrator und Autor Torben Kuhlmann - der bereits in „Lindbergh“ eine fliegende Maus zum Helden der Geschichte erkoren und damit ein viel beachtetes Debüt als Meister fotorealistischer Illustrationskunst vorgelegt hat -, Kuhlmann wagt sich in seiner dritten Bilderzählung über das Abenteuer Mäuseluftfahrt an nichts Geringeres als die fiktive, dennoch glaubwürdig erzählte und illustrierte Vorgeschichte der ersten Schritte eines Menschen auf dem Mond am 21. Juli 1969.

Was Kuhlmann uns über alle Maßen staunenden Lesern mitzuteilen hat, klingt sensationell: Nur ein paar Eingeweihte wussten damals von der Existenz einer Mondmaus. Und die NASA gab ihr - streng geheim! - den Namen Armstrong. „So war sichergestellt, dass niemand aus Versehen das Geheimnis verraten konnte. Wann immer die Rede vom ersten Besucher auf dem Mond war, hieß es einfach nur: Das war Armstrong.“

Noch erstaunlicher als die Tatsache, dass die Maus damals dem Menschen um einige Schritte voraus war, ist die Biografie des Helden/der Heldin, die uns Kuhlmann nahebringt: Bei der Mondmaus handelt es sich um ein hochbegabtes, neugieriges, wissensdurstiges, einfallsreiches, handwerklich geschicktes, mutiges und auch durch Rückschläge nicht an ihrem Traum und an ihrer Mission zweifelndes Wesen. Mit realistischem Strich und faszinierenden Perspektiven führt uns der Illustrator in die amerikanische Welt der 1950er Jahre. Nachkriegszeit. Jahre des wirtschaftlichen und technisch-wissenschaftlichen Aufbruchs und des Glaubens an das „Alles ist möglich.“

In jenen Jahren sitzt in Down Town Manhattan in einer Bodenkammer wie aus dem Bilderbuch eine kleine Maus auf einem Stapel alter Bücher und guckt mit beharrlichem (wenn uns nicht alles täuscht: auch mit leicht verträumtem) Blick ins Okular eines Teleskops. So beginnt eine wundersame Geschichte mit Bildern, die dem wirklichen Leben entsprungen scheinen, nur eben aus der Perspektive eines kleinen Nagers. Wir werden Zeuge eines Mäusetreffens in einem Käseladen, wo unsere wissbegierige Maus ihren Artgenossen vergeblich zu erläutern versucht, was sie durch ihre Nachforschungen über den Mond herausgefunden hat. Erst ein geheimnisvoller Brief aus dem weltbekannten Luft- und Raumfahrtmuseum des Smithsonian Institutes in Washington eröffnet der Maus eine Zukunft, von der sie bisher nur träumen konnte. Eine uralte Museumsmaus erzählt ihr von der Faszination des Fliegens, die gleichermaßen Menschen wie Mäuse erfasst habe. Der Entschluss steht fest: „Ich werde die erste Maus auf dem Mond.“ Und mit dieser Entscheidung öffnen sich für sie Fenster - oder besser gesagt: Mauselöcher in fremde Welten. Sie studiert heimlich an der Universität. Sie baut sich in mühsamer, langwieriger Kleinarbeit Raumanzug, eine Kapsel, ein Katapult. Sie scheitert und versucht es neu und scheitert wieder und gibt nicht auf, bis, ja bis …

Wir sehen Szenen dieses abenteuerlichen Mäuselebens, die uns schier den Atem rauben. Als würden wir in diese amerikanische Welt eintauchen wie in einen Cinemaskop-Hollywood-Farbfilm. Kuhlmann kreiiert Bilder von immenser Sogwirkung, obwohl oder gerade weil sie sich sowohl in der Gestaltung als auch in den Botschaften einem seriösen Realismus verpflichtet fühlen. Das heißt aber nicht, dass der Geschichte der Zauber des Fantastischen fehlte. Der kommt mit den verborgenen Einblicken. Er findet sich in scheinbar nebensächlichen Bilddetails, in ungewöhnlichen Perspektiven und nicht zuletzt in jenem leicht verträumten Augen-Blick der Maus, wenn sie hinauf zum Nachthimmel blickt.

Was, wenn nicht dieser fantastisch-realistische Zugang zum Abenteuer des Forschens und Entdeckens bringt wissbegierige Kinder dazu, sich ernsthaft mit der Welt da droben, über dem nahen Horizont, zu beschäftigen?
Buchcover Armstrong. Die abenteuerliche Reise einer Maus zum Mond

Von Siggi Seuß

​Siggi Seuß, freier Journalist, Hörfunkautor und Übersetzer, schreibt seit vielen Jahren Kinder- und Jugendbuchkritiken.