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Buchmarkt
„Elefant mit sieben Rüsseln mampfte Chips aus sieben Schüsseln“ *

Pizzakatze, Dieser Tag ist mein Freund, Lyrik-Comics
© Peter Hammer, © Beltz & Gelberg

von Antje Ehmann

In den letzten fünf Jahren hat sich viel getan im Bereich der Kinderlyrik. James Krüss, Christian Morgenstern, Erich Kästner oder Ernst Jandl sind die Klassiker, die einem sofort einfallen. Aber es gibt auch zahlreiche zeitgenössische Autorinnen und Autoren, die sich diesem Genre widmen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, haben sich jetzt wichtige Institutionen im deutschsprachigen Raum entschlossen, „Lyrik-Empfehlungen für Kinder“ zu geben. Die elf ausgewählten Titel werden am Welttag der Poesie bekanntgegeben. Ein willkommener Anlass, um einen Blick auf fünf wichtige lyrische Werke zu werfen.

Bilderbuch

Antje Damm hat bereits Die schönsten Gedichte für Kinder (Insel-Bücherei Nr. 1490) illustriert. Nun steuert sie heiter-schwungvoll hell illustrierte Doppelseiten zu Die Pizzakatze von Will Gmehling bei. „Dieser lyrische Rap war so offen und frei, dass ich Lust hatte, hier die Möglichkeiten auszuloten. Die Rhythmik und die Wortspielereien mochte ich sehr,“ so die bekannte Künstlerin. Und tatsächlich gibt es bereits einen Song zur Figur der Pizzakatze. Aber Will Gmehling erfindet neue Geschichten rund um das beliebte Tier hinzu. Denn wer hat nicht alles Lust auf Pizza und vor allem mächtig Hunger: „Hulk und Hilda, Fritz und Fritza, alle wollen lecker Pizza“. Die eingängigen Verse – mal als Paarreim, mal als Stabreim – versprühen reichlich Klang und Temperament. „Kinder lieben das doch sehr. Das merke ich immer wieder, wenn ich aus der Pizzakatze vorlese,“ stellt der vielseitige Autor Gmehling fest.

Vielfach ausgezeichnet und als Lyriker ebenso für Erwachsene wie für Kinder schöpferisch tätig ist der Kieler Arne Rautenberg. Gemeinsam mit der unvergleichlichen Nadia Budde hat er beim Peter Hammer Verlag bereits mehrere Bände mit Kinderlyrik veröffentlicht. In Dieser Tag ist mein Freund – Gedichte für die guten Minuten erweist er sich erneut als Meister seines Faches. So treffsicher und raumschaffend ist seine Verskunst. Mal tauscht er nur einen Buchstaben aus und erzeugt so Komik, mal schafft er rührende Dialoge zwischen Blatt und Baum wie in leise liebe oder er erfindet neue, lautmalerische Worte wie das „klipp-klapp-klebchen" im Gedicht ich ess sushi. „Ich wollte, dass sich mit dem Titel und dem Untertitel sofort ein gutes Gefühl einstellt. Denn man sollte mit guten Gefühlen an verrückte Gedichte herangehen – dann können sie mehr Wirkmacht entfalten“, so Rautenberg.
 

Dunkel war's, der Mond schien helle © Thienemann Esslinger


Kinderlyrik – Anthologien

Im Bereich der Kinderlyrik ist u.a. der Berliner Kindermann Verlag mit seiner Bilderbuchreihe „Poesie für Kinder“ zu nennen. Aber auch der Weinheimer Beltz Verlag hat eine lange Kinderlyriktradition, begründet und maßgeblich geprägt von dem hochgeschätzten, bereits verstorbenen Hans-Joachim Gelberg (Großer Ozean – Gedichte für alle). Inzwischen hat Stefanie Schweizer dort etwas Neues gewagt und die Kombination von Comic, Reim und Klang in Lyrik-Comics – Gedichte Bilder Klänge für Kinder in den besten Jahren mit Gedichten namhafter Künstlerinnen und Künstler umgesetzt. Michael Hammerschmid, Josef Guggenmos, Mascha Kaléko, Sarah Kirsch und Jutta Richter sind dort mit ihren Gedichten vertreten. „Dieses innovative Gesamtkunstwerk macht Lust auf Lyrik zum Anfassen und Erleben,“ so heißt es treffend in der Jurybegründung zur Nominierungsliste des Deutschen Jugendliteraturpreises 2020.

Gereimter Nonsens

Ein Klassiker des Nonsens-Genres ist das Kindergedicht „Dunkel war’s, der Mond schien helle“. „Noch vor wenigen Jahren musste ich bei Schullesungen nur den Titel nennen, und schon ratterten die Kinder die ersten Verse auswendig herunter. Der Text war im wahrsten Sinne des Wortes Volkspoesie“, so der Autor Uwe-Michael Gutzschhahn. Doch dem ist nicht mehr so. Also entstand die Idee, das Nonsens-Gedicht weiterzuspinnen und die 34 Strophen von Jens Rassmus illustrieren zu lassen. Nachzulesen ist die Fortsetzung nun in Dunkel war’s, der Mond schien helle – weitergedichtet u.a. von Paul Maar, Heinz Janisch, Uwe-Michael Gutzschhahn und Nils Mohl. „Weil Gedichte frei, offen und spielerisch sind, kann man das auch sehr gut in den Illustrationen sein. Hier nun habe ich versucht, für alle Absurditäten des Gedichts in den Bildern eine Lösung zu finden.“ Und so sehen wir Tränen lachende Krokodile, einen Mann, mit voller Glatze oder einen rosaroten Blauwal. Alles von Jens Rassmus so grandios in intensiven Acrylfarben zelebriert, dass der Anblick lange nachhallt.
 

Vom Flaniern und Weltspaziern, Der Kinderkalender 2025 © Tyrolia Verlag, © Moritz Verlag


Preisgekröntes und Internationales für jedes Alter

Mit Vom Flaniern und Weltspaziern von Elisabeth Steinkellner und Michael Roher haben die beiden feinfühligen Künstler einmal mehr gezeigt, wie sie sich die Welt aneignen und sie sichtbar machen: inspirierend, charmant, überraschend und liebevoll. Hat man einmal mit dem Lesen angefangen, kommt man nicht mehr los von den Aufzählreimen, Lautgedichten und philosophischen Versen. „Die Arbeit an dem Buch war für mich insofern besonders, als ich mir keine formalen Grenzen gesetzt hatte und all meine Freude am kreativen Spiel mit der Sprache hineinstecken konnte,“ so Steinkellner. Und daher kaum verwunderlich: ein wahrer Preisregen ging auf dieses Werk nieder – zuletzt 2022 die „special mention“ in der Kategorie Poetry des Bologna Ragazzi Award. Wer jede Woche ein neues Gedicht aufschlagen möchte, der ist mir diesem alljährlichen und mehrsprachigen Wandkalender hervorragend bedient: Kinderkalender mit Gedichten aus aller Welt. Herausgegeben und ausgewählt von der Internationalen Jugendbibliothek München.

Es tut sich also gerade eine Menge in der Kinderlyrikszene und entsprechend positiv fällt das Resümee Arne Rautenbergs aus: „Die Kinderlyrik ist ordentlich in Bewegung gekommen, sowohl thematisch als auch formal. Gespielt wird weiterhin immer, aber die Spielwiese ist größer geworden und mehr Verlage wenden sich dem Kindergedicht zu. Dass die Wertschätzung ebenfalls rasant gestiegen ist, kann man an den „Lyrik-Empfehlungen für Kinder“ ablesen.“ Und in der Tat, man darf gespannt sein, welche lyrischen Werke dort mit von der Partie sind!


Antje Ehmann arbeitet als freie Journalistin, Referentin und Jurorin im Bereich Kinder- und Jugendliteratur.


* Aus: Schlagzeilen (Hört! Hört! Das Neuste aus der Welt!) von Elisabeth Steinkellner


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