18.02.2015, 19:30 Uhr
Eröffnung des neuen Litrix.de-Schwerpunkts Arabische Welt 2015-2018
Mit einer Lesung von Ricarda Junge aus ihrem Roman „Die letzten warmen Tage“ und einer Vorstellung des Litrix-Programms eröffnen wir den neuen Schwerpunkt im Rahmen des Cairo International Literature Festivals. Außerdem gibt Cherifa Magdi interessante Einblicke in die „Deutsche Literatur und den arabischen Buchmarkt“, und die Autoren Ricarda Junge und Christoph Peters sprechen über Literatur und Übersetzung.
Ein Bericht von Amira El Ahl über die Veranstaltung:
Übersetzungen spielen seit jeher eine zentrale Rolle beim Transfer von Wissen und Kultur zwischen verschiedenen Völkern. So half zum Beispiel der Stein von Rosetta dabei, die Hieroglyphen zu entschlüsseln, da das darauf notierte priesterliche Dekret in zwei Sprachen und drei Schriften verfasst war. Schon Johann Wolfgang von Goethe setzte sich intensiv mit dem Thema Übersetzung auseinander und schrieb dazu im Jahr 1827:
„Und so ist jeder Übersetzer anzusehen, dass er sich als Vermittler dieses allgemein-geistigen Handels bemüht und den Wechseltausch zu befördern sich zum Geschäft macht. Denn was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eines der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltverkehr.“
Um den Austausch von Wissen und Kultur zwischen Deutschland und der arabischen Welt will sich nun in den kommenden drei Jahren das Übersetzungsförderungsprogramm Litrix.de des Goethe-Instituts bemühen. Litrix.de existiert seit 2003 und ist Teil des Bereichs „Literatur und Übersetzungsförderung“ in der Zentrale des Goethe-Instituts in München. Im Drei-Jahresrhythmus konzentriert sich das Programm jeweils auf eine bestimmte Sprache. Bislang hat Litrix.de die Übersetzung von rund 100 Titeln der bisherigen Schwerpunktsprachen Arabisch (2004-2005), Chinesisch (2005-2006), Portugiesisch: Brasilien (2007-08), Spanisch: Hispanoamerika/Argentinien (2009-2011) und Russisch (2012-2014) gefördert. Von Anfang 2015 bis Ende 2017 steht nun erneut die arabische Welt im Fokus.
Der Startschuss für den Litrix-Schwerpunkt Arabische Welt 2015-2017 fiel Ende Februar in Kairo. In der Buchhandlung Kotob Khan in Maadi drehte sich einen Abend lang alles um Übersetzungen und das Förderprogramm. Zu Beginn gab die Übersetzerin Dr. Cherifa Magdi einen Einblick in die historischen Hintergründe der Übersetzungsbewegung vom Deutschen ins Arabische.
In Ägypten eröffnete die erste Übersetzungshochschule im Jahr 1835. Ausgangssprache war damals das Französische und primär wurden Militärhandbücher und naturwissenschaftliche Schriften übersetzt, wie Cherifa Magdi erklärte. Etwa um 1920 wurden „Die Leiden des jungen Werthers“ von Johann Wolfgang von Goethe ins Arabische übersetzt, und aus dieser Zeit stammt wohl auch eine Übersetzung des "Faust". „Der Quantensprung in der Übersetzung aus dem Deutschen kommt in den 1960er-Jahren“, sagt Cherifa Magdi. Doch bis heute gebe es ein Problem mit der Bibliographie und der Lexikographie. Es fehle an guten, modernen Deutsch-Arabischen Wörterbüchern. „Es ist immer noch erforderlich, über das Englische oder Französische zu gehen, um unbekannte Wörter zu erforschen“, sagt die Übersetzerin. Bis heute werde, vor allem im Bereich der Psychologie und der Philosophie, noch oft vom Englischen und Französischen ins Arabische übersetzt statt direkt aus dem Deutschen. Das Problem gebe es auch in der Belletristik, so sind zum Beispiel von 14 arabischen Hermann Hesse-Übersetzungen nur drei direkt aus dem Deutschen vorgenommen worden.
Hier setzt das Litrix.de-Programm an. „Schon der allererste Förderschwerpunkt 2004 bis 2005 war Arabisch, und wir sind gespannt, was sich in der Zwischenzeit entwickelt hat“, sagt Shoshana Liessmann von Litrix.de. Es geht um den literarischen Austausch zwischen Deutschland und der arabischen Welt. Auf einem eigens dafür eingerichteten Literaturportal – www.litrix.de – wird in den kommenden drei Jahren zeitgenössische deutschsprachige Literatur vorgestellt. Die Titel-Auswahl trifft eine deutsch-arabische Jury. Jeweils im Frühjahr und im Herbst trifft eine deutsche Kritikerjury eine erste Vorauswahl aus den deutschsprachigen Neuerscheinungen, aus der die arabischen Literaturkenner dann in einem zweiten Schritt die zehn bis zwölf Titel auswählt, die im Laufe des Jahres auf der Website präsentiert werden. So werden auf www.litrix.de in den kommenden drei Jahren laufend neue Titel vorgestellt .
Die Jury wählt Titel aus drei Sparten aus: Belletristik, Sachbuch und Kinder-/Jugendbuch. Zu jedem Buch gibt es auf dem Portal auf Deutsch, Englisch und Arabisch jeweils eine ausführliche Buchbesprechung, umfangreiche Leseproben von bis zu 15 Seiten, Autorenporträts und Informationen zu den Verlagen. „Es ist wichtig, dass sich die interessierten Verleger einen eigenen Eindruck verschaffen können von der Sprache und dem Rhythmus eines Buches“, sagt Shoshana Liessmann. Über die Website können sich interessierte Verleger dann direkt mit der Lizenzabteilung des deutschsprachigen Verlags in Verbindung setzen, um sich nach den Übersetzungsrechten zu erkundigen.
Das Übersetzungsförderungsprogramm von Litrix.de übernimmt die Kosten für die Übersetzung ins Arabische und gewährt auch einen Zuschuss zu den Lizenzkosten. „Wir hoffen natürlich, dass wir bald viele Bücher in arabischer Übersetzung vorliegen haben“, sagt Shoshana Liessmann. Doch die Förderung und der Austausch hören nicht bei der Übersetzung auf. Sobald ein Buch ins Arabische übersetzt ist, bemüht sich Litrix.de in enger Zusammenarbeit mit den Goethe-Instituten in der Region darum, das arabische Publikum in direkten Kontakt mit den deutschen Autoren und ihren Bücher zu bringen, zum Beispiel auf Buchmessen in der arabischen Welt und bei Lesungen. „Der Austausch ist uns sehr wichtig“, sagt Shoshana Liessmann.
Dieser Austausch begann schon beim Startschuss des Förderprogramms in Kairo in der Buchhandlung Kotob Khan. Die deutsche Autorin Ricarda Junge las aus ihrem Roman „Die letzten warmen Tage“, einem der aktuell auf Litrix.de vorgestellten Bücher. Der Roman handelt vom geteilten Deutschland und erzählt davon, was es mit einem Land macht, wenn politische Systeme in Familien eingreifen. „Ich hoffe, Sie mit meiner Lesung für die deutsche Sprache begeistern zu können“, sagte die Autorin an das Publikum gerichtet.
Doch wie war es für sie, die Übersetzung ihres Textes ins Arabische zu hören? „Ich habe jetzt das Gefühl, ich verstehe Arabisch“, antwortet die Autorin auf die Frage und lacht. Denn tatsächlich bemerkte Ricarda Junge während der arabischen Lesung ganz richtig, dass ein anderer Teil gelesen wurde als der, den sie zuvor auf Deutsch gelesen hatte. Übersetzungen seien ja immer Übertragungen in eine andere Sprache, in der Wörter oft einen anderen Resonanzrahmen hätten, sagte Shoshana Liessmann. Bisher gibt es zwei Übersetzungen von Romanen der Autorin Ricarda Junge, eine ins Französische und eine ins Schwedische. „Vom Französischen habe ich gar nichts mitbekommen, aber im Schwedischen gab es einen regen Austausch mit dem Übersetzer“, sagt Ricarda Junge. Es sei eine großartige Erfahrung gewesen, so eng mit dem Übersetzer zusammenzuarbeiten. Manche Phrasen und Redewendungen ließen sich einfach nicht übersetzen. „Mir ist dabei klar geworden, dass es tatsächlich ein anderes Buch geworden ist.“
Schon Goethe sagte: “Übersetzer sind als geschäftige Kuppler anzusehen, die uns eine halb verschleierte Schöne als höchst liebenswürdig anpreisen: Sie erregen eine unwiderstehliche Neigung nach dem Original.” (Johann Wolfgang von Goethe, Maximen und Reflexionen, 1826)
Von Amira El Ahl
Amira El Ahl lebt und arbeitet als Journalistin und Korrespondentin für den Nahen und Mittleren Osten in Kairo.
Ein Bericht von Amira El Ahl über die Veranstaltung:
Übersetzungen spielen seit jeher eine zentrale Rolle beim Transfer von Wissen und Kultur zwischen verschiedenen Völkern. So half zum Beispiel der Stein von Rosetta dabei, die Hieroglyphen zu entschlüsseln, da das darauf notierte priesterliche Dekret in zwei Sprachen und drei Schriften verfasst war. Schon Johann Wolfgang von Goethe setzte sich intensiv mit dem Thema Übersetzung auseinander und schrieb dazu im Jahr 1827:
„Und so ist jeder Übersetzer anzusehen, dass er sich als Vermittler dieses allgemein-geistigen Handels bemüht und den Wechseltausch zu befördern sich zum Geschäft macht. Denn was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eines der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltverkehr.“
Um den Austausch von Wissen und Kultur zwischen Deutschland und der arabischen Welt will sich nun in den kommenden drei Jahren das Übersetzungsförderungsprogramm Litrix.de des Goethe-Instituts bemühen. Litrix.de existiert seit 2003 und ist Teil des Bereichs „Literatur und Übersetzungsförderung“ in der Zentrale des Goethe-Instituts in München. Im Drei-Jahresrhythmus konzentriert sich das Programm jeweils auf eine bestimmte Sprache. Bislang hat Litrix.de die Übersetzung von rund 100 Titeln der bisherigen Schwerpunktsprachen Arabisch (2004-2005), Chinesisch (2005-2006), Portugiesisch: Brasilien (2007-08), Spanisch: Hispanoamerika/Argentinien (2009-2011) und Russisch (2012-2014) gefördert. Von Anfang 2015 bis Ende 2017 steht nun erneut die arabische Welt im Fokus.
Der Startschuss für den Litrix-Schwerpunkt Arabische Welt 2015-2017 fiel Ende Februar in Kairo. In der Buchhandlung Kotob Khan in Maadi drehte sich einen Abend lang alles um Übersetzungen und das Förderprogramm. Zu Beginn gab die Übersetzerin Dr. Cherifa Magdi einen Einblick in die historischen Hintergründe der Übersetzungsbewegung vom Deutschen ins Arabische.
In Ägypten eröffnete die erste Übersetzungshochschule im Jahr 1835. Ausgangssprache war damals das Französische und primär wurden Militärhandbücher und naturwissenschaftliche Schriften übersetzt, wie Cherifa Magdi erklärte. Etwa um 1920 wurden „Die Leiden des jungen Werthers“ von Johann Wolfgang von Goethe ins Arabische übersetzt, und aus dieser Zeit stammt wohl auch eine Übersetzung des "Faust". „Der Quantensprung in der Übersetzung aus dem Deutschen kommt in den 1960er-Jahren“, sagt Cherifa Magdi. Doch bis heute gebe es ein Problem mit der Bibliographie und der Lexikographie. Es fehle an guten, modernen Deutsch-Arabischen Wörterbüchern. „Es ist immer noch erforderlich, über das Englische oder Französische zu gehen, um unbekannte Wörter zu erforschen“, sagt die Übersetzerin. Bis heute werde, vor allem im Bereich der Psychologie und der Philosophie, noch oft vom Englischen und Französischen ins Arabische übersetzt statt direkt aus dem Deutschen. Das Problem gebe es auch in der Belletristik, so sind zum Beispiel von 14 arabischen Hermann Hesse-Übersetzungen nur drei direkt aus dem Deutschen vorgenommen worden.
Hier setzt das Litrix.de-Programm an. „Schon der allererste Förderschwerpunkt 2004 bis 2005 war Arabisch, und wir sind gespannt, was sich in der Zwischenzeit entwickelt hat“, sagt Shoshana Liessmann von Litrix.de. Es geht um den literarischen Austausch zwischen Deutschland und der arabischen Welt. Auf einem eigens dafür eingerichteten Literaturportal – www.litrix.de – wird in den kommenden drei Jahren zeitgenössische deutschsprachige Literatur vorgestellt. Die Titel-Auswahl trifft eine deutsch-arabische Jury. Jeweils im Frühjahr und im Herbst trifft eine deutsche Kritikerjury eine erste Vorauswahl aus den deutschsprachigen Neuerscheinungen, aus der die arabischen Literaturkenner dann in einem zweiten Schritt die zehn bis zwölf Titel auswählt, die im Laufe des Jahres auf der Website präsentiert werden. So werden auf www.litrix.de in den kommenden drei Jahren laufend neue Titel vorgestellt .
Die Jury wählt Titel aus drei Sparten aus: Belletristik, Sachbuch und Kinder-/Jugendbuch. Zu jedem Buch gibt es auf dem Portal auf Deutsch, Englisch und Arabisch jeweils eine ausführliche Buchbesprechung, umfangreiche Leseproben von bis zu 15 Seiten, Autorenporträts und Informationen zu den Verlagen. „Es ist wichtig, dass sich die interessierten Verleger einen eigenen Eindruck verschaffen können von der Sprache und dem Rhythmus eines Buches“, sagt Shoshana Liessmann. Über die Website können sich interessierte Verleger dann direkt mit der Lizenzabteilung des deutschsprachigen Verlags in Verbindung setzen, um sich nach den Übersetzungsrechten zu erkundigen.
Das Übersetzungsförderungsprogramm von Litrix.de übernimmt die Kosten für die Übersetzung ins Arabische und gewährt auch einen Zuschuss zu den Lizenzkosten. „Wir hoffen natürlich, dass wir bald viele Bücher in arabischer Übersetzung vorliegen haben“, sagt Shoshana Liessmann. Doch die Förderung und der Austausch hören nicht bei der Übersetzung auf. Sobald ein Buch ins Arabische übersetzt ist, bemüht sich Litrix.de in enger Zusammenarbeit mit den Goethe-Instituten in der Region darum, das arabische Publikum in direkten Kontakt mit den deutschen Autoren und ihren Bücher zu bringen, zum Beispiel auf Buchmessen in der arabischen Welt und bei Lesungen. „Der Austausch ist uns sehr wichtig“, sagt Shoshana Liessmann.
Dieser Austausch begann schon beim Startschuss des Förderprogramms in Kairo in der Buchhandlung Kotob Khan. Die deutsche Autorin Ricarda Junge las aus ihrem Roman „Die letzten warmen Tage“, einem der aktuell auf Litrix.de vorgestellten Bücher. Der Roman handelt vom geteilten Deutschland und erzählt davon, was es mit einem Land macht, wenn politische Systeme in Familien eingreifen. „Ich hoffe, Sie mit meiner Lesung für die deutsche Sprache begeistern zu können“, sagte die Autorin an das Publikum gerichtet.
Doch wie war es für sie, die Übersetzung ihres Textes ins Arabische zu hören? „Ich habe jetzt das Gefühl, ich verstehe Arabisch“, antwortet die Autorin auf die Frage und lacht. Denn tatsächlich bemerkte Ricarda Junge während der arabischen Lesung ganz richtig, dass ein anderer Teil gelesen wurde als der, den sie zuvor auf Deutsch gelesen hatte. Übersetzungen seien ja immer Übertragungen in eine andere Sprache, in der Wörter oft einen anderen Resonanzrahmen hätten, sagte Shoshana Liessmann. Bisher gibt es zwei Übersetzungen von Romanen der Autorin Ricarda Junge, eine ins Französische und eine ins Schwedische. „Vom Französischen habe ich gar nichts mitbekommen, aber im Schwedischen gab es einen regen Austausch mit dem Übersetzer“, sagt Ricarda Junge. Es sei eine großartige Erfahrung gewesen, so eng mit dem Übersetzer zusammenzuarbeiten. Manche Phrasen und Redewendungen ließen sich einfach nicht übersetzen. „Mir ist dabei klar geworden, dass es tatsächlich ein anderes Buch geworden ist.“
Schon Goethe sagte: “Übersetzer sind als geschäftige Kuppler anzusehen, die uns eine halb verschleierte Schöne als höchst liebenswürdig anpreisen: Sie erregen eine unwiderstehliche Neigung nach dem Original.” (Johann Wolfgang von Goethe, Maximen und Reflexionen, 1826)
Von Amira El Ahl
Amira El Ahl lebt und arbeitet als Journalistin und Korrespondentin für den Nahen und Mittleren Osten in Kairo.
Veranstaltungsort Buchhandlung Kotob Khan
18.02.2015, 19:30 Uhr
13 Street 254, Maadi
Kairo
Weitere Infos Goethe-Institut Kairo